Endlich mal ein Skandal ohne Schalke 04! So lautete der Tenor in den vielen Gaststätten rund um den Schalker Markt, wenn über den Bundesliga-Skandal diskutiert wurde. Doch hier hatten die Schalker Anhänger die Rechnung ohne Canellas gemacht: „Ein Vorstandsmitglied des FC Schalke 04 hat in einem Telefonat mit mir 100.000 Mark gefordert und dafür eine Niederlage gegen Kickers Offenbach zugesagt.“

 

Das Rätselraten über den Namen des Vorstandsmitglieds wurde von Schalke in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz selbst gelüftet. Rechtsanwalt Walter Becker, zugleich Vorsitzender des Schalker Ehrenrats, erklärte: „Wir haben mit Hans Kindermann telefoniert und von ihm den Namen unseres angeschuldigten Vorstandsmitgliedes erfahren. Es ist unser Schatzmeister Heinz Aldenhoven. Hierzu ist anzumerken, dass Heinz Aldenhoven zahlreiche Verhandlungen per Telefon mit Herrn Canellas und einmal auch in dessen Wohnung geführt hat. In allen Gesprächen handelte es sich jedoch nur um den Wechsel der Kremers-Zwillinge von Kickers Offenbach zu Schalke 04 sowie um die Höhe der Ablösesumme. Über andere Dinge ist nie gesprochen worden.“

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Wer nun glaubte, die Saison wäre abgeschlossen, sah sich getäuscht. Es ging jetzt erst richtig los. Am nächsten Tag feierte nun Kickers-Vorsitzender Canellas seinen 50. Geburtstag und ließ seine präparierten Bomben platzen. Zu den Einzelheiten auf den Tonbändern: Bereits Anfang Mai hatte Canellas einen Anruf vom Kölner Torwart Manfred „Cassius“ Manglitz erhalten. Manglitz forderte vom Offenbacher Vereinsobersten 250.000 Mark, sonst würde er sich beim Auswärtsspiel in Essen nicht anstrengen und ein paar „Dinger“ durchlassen.

Canellas wollte damals kein Risiko eingehen, da Rot­Weiß Essen zu diesem Zeitpunkt noch als ernsthafter Konkurrent im Abstiegskampf anzusehen war. Er beriet sich mit seinen Kollegen aus dem Kickers­Präsidium und stimmte dem Handel zu. Um sich abzusichern, hatte sich Canellas aber zuvor noch beim DFB telefonisch erkundigt, ob Siegprämien aus dritter Hand erlaubt wären. Horst Schmidt, man kennt ihn noch als den dunkelhaarigen, großgewachsenen DFB-Aufsichtsbeauftragten bei den Pokalauslosungen, antwortete, dass „es nach den Statuten nicht verboten ist, dass es aber nicht sportlich wäre, da sich sowieso jeder Spieler für seine Mannschaft einsetzen müsse.“ Am 6. Mai übergab der damalige Geschäftsführer der Kickers, Willi Konrad, der Braut von Manfred Manglitz an einer Autobahnraststätte das Geld gegen eine Quittung mit verschriebenem Datum. Köln gewann gegen Essen 3:2.

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Über die Details der Enthüllungen auf den Tonbändern werden wir später noch viel mehr erfahren, jedoch wollen wir versuchen, die Ereignisse chronologisch und mit Blick durch die blau-weiße Brille aufzuarbeiten. Zwar wurde auf Canellas‘ Geburtstags-Party noch nicht über Schalke gesprochen, doch auch hier im Westen war man sich schon lange nicht mehr sicher, ob bei den Königsblauen alles korrekt ablief. Ganz besonders nicht beim Heimspiel am 17. April 1971 gegen Arminia Bielefeld. Schalke spielte so schlecht – schlechter geht’s nicht. „Der Sportbeobachter“ (eine Art „RevierSport“ der 60er und 70er Jahre) urteilte, dass Schalke seit dem Abstiegsjahr 1965 (nur die Aufstockung der Bundesliga auf 18 Vereine rettete Schalke damals) nicht mehr so mies gespielt hätte.

 

Ernst Kuzorra, der trotz seiner 65 Lenze sonst immer noch wie ein jugendlicher Haudegen wirkte, war plötzlich alt geworden. Wortlos starrte er nach dem Spiel im Kasino auf sein Bier. Zeitweise sah es so aus, als kämpfte er mit den Tränen. Dann schüttelte er den Kopf, und es brach aus ihm heraus: „Schämen sollten sie sich! Schämen! Ich hätte mich als Fußballer zu Tode geschämt!“

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Ein Grillfest an einem heißen Juninachmittag, es war der 6.6.1971, im Offenbacher Vorort Hausen, Rosenstraße 19: Horst Gregor Canellas feiert seinen 50. Geburtstag. Einen Tag zuvor war sein Verein nach einer unglücklichen 2:4-Auswärtsniederlage gegen den 1. FC Köln am letzten Spieltag aus der Bundesliga abgestiegen. Eigentlich sollte man annehmen, dass Canellas an diesem Sonntag nicht zum Feiern zumute war. Doch der temperamentvolle Präsident hielt einige Trumpfkarten in der Hand, die ihn im berechtigten Glauben ließen, dass seine Kickers im nächsten Jahr nicht zum bitteren Marsch in die Regionalliga Süd antreten müssen.

 

Canellas‘ Frau Maria, von ihrem Mann liebevoll „Hasi“ genannt, hatte ein üppiges Büffet angerichtet, es wurden Zigaretten, Champagner und Bier gereicht. Attika und Lord Extra, wo man hinsah, lange Koteletten und kurze Miniröcke, dazu James Last und Max Greger. Vor den Toren des eleganten Bungalows parkten lange Reihen von BMW, RO 80 und Mercedes 250 SE. Zu den geladenen Gästen zählten neben Freunden und Geschäftspartnern auch eine große Zahl von Medienvertretern, Bundestrainer Helmut Schön und DFB-Ligasekretär Wilfried Straub. Presse und DFB-Offizielle waren mit dem Hinweis eingeladen worden, dass einige „interessante Neuigkeiten“ zu erwarten seien.

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Über 30 Jahre ist es nun her, dass der Bundesliga-Skandal Deutschlands Kickerwelt in die schlimmste Krise seit Ligagedenken trieb. Siege, Niederlagen, Tore und Gegentore: Der naive Glaube an rein sportliche Realitäten war der Skepsis vor gebündelten Scheinen, gekauften Spielen und Spielern gewichen. Dennoch wurde die Bestechungsaffäre – nach der ersten großen Aufregung – der Öffentlichkeit nur in stereotypen Formeln bekannt. Fakten und Hintergründe blieben auf der Strecke.

 

Noch heute ist der vermeintliche Irrtum, Schalke 04 sei Drahtzieher im Bundesliga-Skandal gewesen – in diesem Zusammenhang wird an erster Stelle immer Schalke genannt – weit verbreitet. Doch tatsächlich war fast die ganze Liga – Kickers Offenbach, 1. FC Köln, Hertha BSC Berlin, Arminia Bielefeld, VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt, MSV Duisburg, Bayern München, 1860 München, RW Oberhausen, Eintracht Braunschweig und Werder Bremen – in den Skandal verstrickt.

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Siebert setzte die Verjüngungskur fort. Jürgen Sobieray aus der Schalker Jugend hatte bereits bei Weisweiler in Gladbach unterschrieben, wurde aber von Günter Siebert überredet zu bleiben. Rolf Rüssmann, ebenfalls Jugendnationalspieler, kam aus Schwelm. Im April 1970 hatte Siebert die Forderung aufgestellt, „Wir brauchen einen Mittelstürmer und Torjäger“, und erstmals den Namen Klaus Fischer ins Gespräch gebracht. Der damals 20 Jahre alte Vollblutstürmer, der zwei Jahre zuvor als „Rohdiamant“ vom SC Zwiesel nach München kam, war trotz seiner 19 Treffer mit 1860 abgestiegen. Die ’60er wollten allerdings ihren Torjäger auf keinen Fall abgeben. Der Schalker Vorstand schaltete jedoch schnell, schließlich war die halbe Bundesliga hinter Fischer her. Günter Siebert und Heinz Aldenhoven fuhren ins verschneite Zwiesel und sprachen mit Fischer und seinen Eltern.

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Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de