Es hat sich viel Positives getan in den letzten Monaten bezüglich Schalke 04 und Fannähe: Viagogo-Kündigung, Aufhebung der durch den DFB willkürlich ausgesprochenen Stadionverbote für Heimspiele, Spiel unserer Amateure an der GAK und das offizielle Statement zum willkürlichen Polizeieinsatz beim PAOK-Spiel waren Balsam auf die geschundene Fanseele. Langsam entwickelte sich ein „Wir alle zusammen gegen alle“-Gefühl, welches vorher aufgrund interner Grabenkämpfe bzw. dem Kampf Fan gegen Vereinsführung verloren gegangen war.

Doch nun kam es in dieser Hinsicht wieder zu einem Rückfall. Nahm man anfangs nur am Rande wahr, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies zu einem Fanclubtreffen des Bezirks 3 gehen wird, sah die Sache nach der offiziellen Stellungnahme des Fanclubs (nachzulesen unter http://www.emspower.de/Meldungen.22+M5f178b47bf4.0.html) schon anders aus. Während des Treffens soll Clemens Tönnies einige Aussagen gemacht haben, die überraschend und unverständlich waren. Wenn man im Hinterkopf noch seine JHV-Rede hat, in der er voller Pathos ein „Zuschütten der Gräben“ zwischen Fans und Verein versprach, kann man nach diesem Treffen schon verwundert sein. So ist er der Meinung, dass bezüglich SFCV alles im Lot sei. Noch verwunderlicher ist es, dass er den ausgetretenen Organisationen (mit FanIni, Supportersclub und UGE immerhin die größten Fanorganisationen neben dem SFCV) für ihre Entscheidung kein Verständnis entgegen brachte und die „Selbstzerfleischung“ als „Schalker Krankheit“ betitelte. Er ließ ihnen auch gleich noch eine indirekte Drohung zukommen: Sie bräuchten gar nicht erst eine neue Fanvertretung gründen, weil man zum Thema Fanbelange nur mit dem SFCV reden würde. So, Herr Tönnies, schüttet man keine Gräben zu, sondern baut neue Gräben auf. Für mich bleibt es immer wieder unverständlich, warum ein Aufsichtsratsvorsitzender sich nicht manchmal zurücknehmen kann und diplomatischer vorgeht.

Darüber hinaus sieht er eine dem Mutterverein nahe Fanvertretung als richtiges Mittel an. Meiner Meinung nach widerspricht sich dies grundsätzlich und führt zwingend zu Interessenskonflikten, die erfahrungsgemäß für die Fans meist schlecht endeten. So kann analog dazu eine Gewerkschaft, die nur nach den Unternehmen spricht, letztendlich nur genauso scheitern wie eine Fanvertretung, die man als Jubelperser bezeichnen kann. Dass er den SFCV deswegen als „gut geführt“ betrachtet, ist aus Vereinssicht vielleicht nachvollziehbar, widerspricht aber den Eindrücken vieler Fans. Wenn Clemens Tönnies diese Probleme immer noch nicht versteht, kann und wird der FC Schalke nicht in ruhiges Fahrwasser gelangen. Aus dem Bulldozer, den er zum Gräben zuschütten benutzen wollte, ist wohl nur ein kleiner Spielzeugbagger übrig geblieben.

Auch bezüglich der Eintrittskartenpreise kamen einige Aussagen, die in dieser Weise unverständlich erscheinen. Warum jemand mit einem guten Einkommen die Kartenpreise nicht kritisieren darf und er eine Beschwerde eines Zahnarztes gar eine „Frechheit“ nennt, versteht wohl nur Herr Tönnies. Genau dieser Gedanke ist eine gelebte Solidarität, die unser Schalke ausmacht (oder ausmachen sollte) und ist ein wichtiger Teil des so gerne besungenen „Mythos“, der unseren Verein umgibt. Dass unser Aufsichtsratsvorsitzender dies, ebenso wie das Problem der fehlenden Fanvertretung, nicht versteht,
ist ernüchternd.

Überhaupt gilt mal wieder: Weniger Statements von Tönnies sind häufig mehr. Konnte man das Zitat von Peters Peters bezüglich des Boateng-Transfers noch als unglücklichen Irrtum wegstecken, hätte Clemens Tönnies lieber bedachter antworten sollen. Durch seine häufiger forsche „Klartext-Rhetorik“ schafft er teilweise unnötigerweise die so vielzitierten Gräben und sorgt für erneute Risse im Verhältnis zwischen Fan und Verein.

Möglicherweise werden einige Leser dieses Textes denken, dass man sich jetzt doch nicht aufregen solle und nach den positiven Entwicklungen in letzter Zeit auch mal ruhig bleiben. Doch gerade aus dieser guten Tendenz ruht mein besonderes Unverständnis über die Aussagen von Clemens Tönnies, da diese nicht zu erwarten waren und sich somit der Sinn dahinter nicht erschließt. So bleibt der eingangs erwähnte Zusammenhalt von Fans und Verein wohl vorerst eine Illusion von mir. Es gilt also, gegenüber den Aussagen der Vereinsverantwortlichen hellhörig und kritisch zu bleiben.

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de