Eigentlich mag ich mich mit diesem Thema gar nicht beschäftigen, möchte es am liebsten ignorieren und so tun als wäre dieser Club gar nicht da. Einfach Scheuklappen auf und weg. Mich beschleicht immer das Gefühl, dass jeder Gedanke, jedes Gespräch, jede Diskussion über diesen Retortenclub deren Zweck dient, nämlich ins „Rampenlicht zu treten“. Wie sagt man immer so schön: Es gibt keine negative Publicity! Das will ich ja eigentlich gar nicht, ich will denen keine Bühne bieten. Am liebsten möchte ich, dass dieses Konstrukt ganz aus dem deutschen Fußball verschwindet, nicht nur aus der ersten Liga sondern ganz. Niemand soll dort ins Stadion, niemand soll den Fernseher einschalten, niemand soll Interesse haben dort zu spielen. Dann verliert Herr Mateschitz das Interesse an seinem Spielzeug und schließt seine Filiale im deutschen Fußball. Da wir aber in naher Zukunft dort spielen und Leipzig seit dem letzten Spieltag Tabellenführer ist, stößt man zwangsläufig darauf.

Aber was genau ist denn nun eigentlich der Anstoß zu der bundesweiten Ablehnung, wieso hassen eigentlich alle diesen Aufsteiger?

Dieser Club wurde künstlich aufgepumpt, mit Geldern, die aus eigener Kraft nie hätten erwirtschaftet werden können. Da hilft es auch nichts, dass Ralf Rangnick in einem Interview mit der Süddeutschen bekannt gibt, dass dort kein Spieler mehr als drei Millionen verdienen würde. Man würde sich mit den Personalkosten gerade man im Mittelfeld der Liga befinden (siehe hierzu auch: suddeutsche.de). Selbst wenn das stimmt, dass Ihre Spieler „nur“ drei Millionen verdienen, Herr Rangnick, erklären Sie mir doch bitte einmal, welchen Verein Sie kennen, der innerhalb von sieben Jahren ein Budget zur Verfügung hat, der für das Mittelfeld der ersten Bundesliga reicht?! Abgesehen davon sollte man sich auch mal die Ablösesummen anschauen, die Leipzig zahlt, um die Spieler überhaupt zu holen. Da wird sicher auch das ein oder andere Handgeld dabei sein, um das „geringe“ Gehalt auszugleichen. Nachdem man in der Rückrunde der Saison 2015/2016 nicht auf den Aufstiegsplätzen stand, wurde in der Winterpause mehr Geld in den Kader investiert als in der ganzen Liga zwei zusammen und mehr als die meisten Bundesligisten. Nach dem Aufstieg kaufte man in der Sommerpause laut transfermarkt.de Spieler für ca. 50 Millionen.

Das Transferergebnis wurde nur abgemildert durch einige Spielerleihen und deren Leihgebühren, Ablösen für Verkäufe gab es nicht. In einem Interview mit 11Freunde.de antwortete Rangnick auf die Frage, ob man mit dem Konzern im Rücken nicht einen unfairen Wettbewerbsvorteil habe, man habe diesen Vorteil nur zum Start in 2009 gehabt. Ob der Vorteil nicht weiterhin bestünde, da Leipzig mit dem Konzerngeld hohe Ablösen zahlen könne, die andere Vereine gar nicht leisten können, beantwortet Rangnick mit Beispielen aus seiner Zeit in Hoffenheim. Dort nahm man ebenfalls viel Geld für Spielertransfers in die Hand, um dann selbst Transfererlöse zu erzielen, die weit über den gezahlten Ablösen lagen. Also Hoffenheim ist nun wirklich kein geeignetes Beispiel Herr Ragnick, da auch hier ein Mäzen Geld in den Verein pumpt, vielleicht nicht in der Größenordnung wie Leipzig, aber prinzipiell hätte man sich diese auch nicht leisten können ohne Hopp (siehe hierzu auch: 11freunde.de).

2009 wurde der Verein RasenBallsport Leipzig e.V. auf Initiative der Red Bull GmbH gegründet. Man übernahm den SSV Markranstädt und startete in der Oberliga Nordost. Schon hier zeigt sich, dass es sich lediglich um das Wunschprodukt eines Brausekonzerns handelt. Der Red Bull Konzern ist weder verbunden mit dieser Region noch hat man dies aus Liebe zum Fußball gemacht. Es geht lediglich um die Vermarktung des Produkts und Gewinnmaximierung.

Mit dem Aufstieg in die zweite Liga wurden die erste und die zweite Mannschaft, die U17 und die U19 in die RasenBallsport GmbH ausgegliedert. Das ist nun erst einmal nicht ungewöhnlich. Die meisten Clubs in Liga eins und zwei haben ihre Teams in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert. Allerdings wurde hier ganz bewusst die 50+1 Regel umgangen. Die Red Bull GmbH hält 99% und der Verein 1% der Anteile an der RasenBallsport GmbH. Damit die 50+1 Regelung formal dennoch gewahrt bleibt, muss die Stimmmehrheit beim Verein liegen und damit bei den Mitgliedern. Der Verein besteht aktuell lediglich aus 17 stimmberechtigten Mitgliedern und weiteren Fördermitgliedern, die kein Stimmrecht besitzen. Laut dem Vorstandsmitglied Ulrich Wolter strebt man dort auch gar nicht die hohen Mitgliederzahlen anderer Clubs an. Vereine, in denen Fans aus der Ultra-Szene Strukturen geschaffen haben seien nicht im Sinne des deutschen Fußballs, und man wolle sich solchen Zuständen absolut entziehen. Die stimmberechtigten Mitglieder stehen alle in direktem Zusammenhang mit Red Bull. Auch hier wird deutlich, dass dieser Club keinerlei Interesse daran hat, dass sich der Fan in irgendeiner Form einbringt, abgesehen davon sein Geld hinzutragen. Kohle ja, Mitbestimmung nein.

Der ganze Verein liegt somit in den Händen des Brauseherstellers. Aus Sicht der Bewohner der Region ist es vielleicht sogar nachvollziehbar, dass diese nichts Verwerfliches daran finden. Das Konstrukt hat sehr viel Geld und auch Arbeitsplätze nach Leipzig gebracht. Somit kann ein ganz kleiner rational denkender Teil von mir sogar verstehen, wieso ein Leipziger mit den Schultern zuckt und sagt, dass es ihm egal ist, wie die Strukturen bei RasenBall aussehen. Meines Erachtens nach ist dies aber blauäugig. Mit dem Lizenzverfahren für die zweite Liga, stellte Mateschitz bereits unmissverständlich klar, dass ein Verbleib in der dritten Liga nicht in Frage käme. Auch der Lagebericht des Rumpfgeschäftsjahres 2014 stellt unmissverständlich klar, dass es ausschließlich um den sportlichen Erfolg und damit einhergehend um die Steigerung der Einnahmen geht. Kein Wort über die Verantwortung der Bewohner Leipzigs oder der Arbeitnehmer gegenüber. Was also wenn der sportliche Erfolg doch ausbleibt? Es sollte jedem klar sein, dass es Mateschitz ausschließlich um Gewinnmaximierung geht. Stimmen die Zahlen nicht, wird der Betrieb halt geschlossen. Wie schnell sowas gehen kann, zeigte in der Vergangenheit bereits HSV Mäzen Kühne. Dieser hatte dem HSV in 2014 ein Darlehen gewährt, welches ursprünglich in Anteile der HSV AG umgewandelt werden sollte. Als sich am Ende der Hinrunde der Saison 2014/2015 der sportliche Erfolg immer noch nicht einstellen wollte und man sich in gefährlicher Nähe zu den Abstiegsplätzen befand, wollte Kühne dann doch eine Rückzahlung, anstelle der geplanten Umwandlung in Anteile. Damals wurde berichtet, dass dies den finanziellen Ruin für den HSV bedeutet hätte. Auch hier hätte dies zu dem Verlust von tausenden Arbeitsplätzen und dem Wegfall hoher Steuereinnahmen für die Stadt bedeutet. Der VW Skandal ist ebenso ein gutes Beispiel, dass man sich nicht in die Hände eines einzigen Geldgebers geben sollte. Der Konzern muss Milliarden Rückstellungen für die entstandenen Schäden bilden, es zeichnet sich ein Milliardenverlust ab. Jüngst wurde bekannt gegeben, dass in diesem Zusammenhang tausende Arbeitsplätze gestrichen werden. Man stelle sich einmal die Gefühlslage eines Arbeitnehmers vor, der seinen Arbeitsplatz verliert, wohlwissend, dass es da eine Mannschaft gibt die Millionen im Jahr verdient. Und dann die Kehrseite der Medaille: Was hätte es für die Fans bedeutet, wenn das Management entschieden hätte, zuerst den Sportbetrieb einzustellen, in dem Wissen, dass ein Fußballprofi eher eine neue Anstellung findet, als ein 50-jähriger Fließbandarbeiter?
Mit dem Aufstieg in die zweite Liga knüpfte die DFL Auflagen an die Lizenzvergabe. Man musste sich für weitere Mitglieder öffnen und das Vereinslogo ändern, um eine weitere Trennung des Red Bull Markenlogos und des Vereinslogos zu erreichen. Außerdem durfte in der Vereinsführung keine Mehrheit von Red Bull Funktionären mehr bestehen.
Neben der scheinheiligen Öffnung für Mitglieder wurde dann auch eine pseudo Änderung des Vereinslogos vorgenommen, eine Trennung von Vereins- und Konzernfunktionären erfolgte hingegen nicht.

Wie der Club dennoch die Lizenz für die zweite Liga erhielt ist mir ein Rätsel. Wenn ich hier keine Korruption unterstellen will, bleibt mir nur die Erklärung, dass auch DFB und DFL ein Interesse daran haben, ein solches Retortenkonstrukt zu unterstützen. Nach der Wiedervereinigung hat der Ost- Fußball stark gelitten, konnte sich eigentlich nie wieder erholen. Bis auf wenige Ausnahmen ist hier aus Sicht des DFBs und der DFL nichts zu holen. Da bietet es sich schon an, ein Hochglanzprodukt mit Potential für die erste Liga und europäische Wettbewerbe zu fördern. Im Osten Deutschlands schlummern sicher hohe Einnahmemöglichkeiten, die aktiviert werden können. Alleine in der Hinrunde dieser Saison hat RB Leipzig elf von 17 Spielen ohne Konkurrenzspiele im TV. So viele hatte kein anderer Aufsteiger in den letzten fünf Jahren. Zum Vergleich hat der diesjährige Mitaufsteiger Freiburg lediglich 5 Spiele. Von diesen 11 Spielen sind lediglich zwei bedingt durch den Gegner, da dieser in der Woche zuvor an der Euro League teilnimmt.

Nun kann man sicher fragen, was mich das überhaupt alles interessiert. Für mich zerstören Konstrukte wie dieses den Fußball. Es geht nicht mehr um den Wettbewerb an sich, sondern nur noch um den größten Geldgeber. Vereine, die jahrelang gewachsen sind, die eine Tradition und Fankultur haben werden aus den Ligen verdrängt. Der Volkssport wird zur Geldschlacht. Fans, die ihre Clubs lieben und leben und dafür sorgen, dass der Sport überhaupt für Millionen von Zuschauern so attraktiv ist, sollen aus den Stadien verdrängt werden und gegen gut zahlende Kunden ersetzt werden. Wo das hinführt, kann man ganz gut in England beobachten. Dort sind Ticketpreise für den normalen Arbeiter nahezu unerschwinglich. Stehplätze gibt es nicht mehr und die Clubs werden von Scheich zu Scheich weitergereicht. Mit der Lizenzvergabe an Leipzig und der Duldung der Umgehung der 50+1 Regel hat man anderen Konzernen Tür und Tor geöffnet. Ich persönlich habe überhaupt keine Lust auf eine Liga, in der nur noch Clubs spielen, die das Werbeschild einer Firma sind, die aus dem Boden gestampft und künstlich hochgekauft werden. Das was die Bundesliga noch von anderen Ligen unterscheidet, nämlich das jeder noch jeden schlagen kann wird unterbunden. Dann machen jedes Jahr Coca Cola und Red Bull die Meisterschaft unter sich aus und die anderen spielen nur noch zur Zierde mit. Das ist nicht nur langweilig, das hat in meinen Augen auch nichts mehr mit dem eigentlichen Sportgedanken zu tun.

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de