1. Kannst du dich kurz vorstellen?
Ja, kann ich.

Mein Name ist Günther Reipen, ich bin (fast) 48 Jahre alt, glücklich verheiratet und kinderlos. Ich bin beschäftigt beim Land Nordrhein-Westfalen. Mein Privatleben dreht sich zum größten Teil um Schalke, um Heim- und Auswärtsspiele. Daneben gibt’s noch Freunde, gute Musik, gute Bücher und Kreta, meine zweite Heimat.

Zu meinen Schalker Daten:

  • Fan: seit 1977
  • Mitglied: seit 1992
  • Aktives Mitglied: seit 2006, meinem Antrag auf Einführung der Ehrenkabine
  • Engagiertes Mitglied: seit 2011 in der Leitbildkommission
  • Gewähltes Mitglied: seit 2011 im Wahlausschuss (stv. Vorsitzender)

Ich gehöre aus Überzeugung keiner Fanorganisation an, sympathisiere aber mit den aktuellen Zielen von „Schalk(e.V.)ereint“.

Obwohl ich sowohl die Arbeit der Fanclubs, des SFCV, der UGE, des SC und der Fan-Ini (um hier nur einige zu nennen) hoch schätze, möchte ich mir meine Unabhängigkeit bewahren. Gerade in der aktuell sehr aufgeheizten Situation ist mir das wichtig.

2. Warum hast du dich für den Wahlausschuss beworben?
Die schwierigste aller Fragen. Ich mache den Job jetzt drei Jahre. Ich bin 2011 mit ziemlich hohen Ansprüchen an mich und die Aufgabe herangegangen. Ich wollte mit dazu beitragen, dass die Tätigkeit des Wahlausschusses transparenter für die Mitglieder, seine Arbeit unabhängiger von Vereinspolitik und die Ergebnisse der Abstimmungsprozesse besser für den Verein werden.

Das ist meiner Meinung nach nur zum Teil gelungen.

Zwischenzeitlich war ich so gefrustet, dass ich darüber nachgedacht habe, mein Amt zur Verfügung zu stellen.

Nach langer Überlegung habe ich dann den Antrag gestellt, den Wahlausschuss komplett abzuschaffen, weil ich das Ziel der Transparenz und der demokratischen Willensbildung in unserem Verein nur so für erreichbar gehalten habe.

Nach intensiven Gesprächen mit Aufsichtsrat, Vorstand und anderen Antragstellern habe ich meinen Antrag zurückgezogen. Wir wollen gemeinsam im nächsten Jahr nach einer Lösung suchen, die übergreifend akzeptiert wird. Mir war und ist es wichtig, Konflikte im Verein nicht noch weiter eskalieren zu lassen. Wir brauchen kein zweites vianogo!

Ich glaube nach wie vor, dass der Wahlausschuss reformbedürftig ist.
Ich möchte genau deswegen mindestens solange ein Teil von ihm bleiben, bis dieser Reformprozess erfolgreich abgeschlossen ist.

3. Warum sollten Schalker ausgerechnet dich wählen?

  • Weil ich aus meinem beruflichen und privaten Leben heraus Erfahrung in Bewerbungsgesprächen mitbringe und nicht leicht zu täuschen bin.
  • Weil ich Gelegenheit hatte, drei Jahre lang das „System Wahlausschuss“ aus nächster Nähe kennenzulernen, seine Stärken und Schwächen zu erkennen und nun hochmotiviert bin, die nächste Wahlperiode besser zu gestalten, als die abgelaufene.
  • Weil mich der Vorstand für zu kritisch hält, manche anderen aber für zu kompromissbereit.
  • Weil ich aktiv darauf hinarbeiten werde, dass Politik in diesem Gremium keine Rolle spielt.
  • Weil ich diesen Verein und seine Pappenheimer mittlerweile sehr gut kenne und mich nicht einschüchtern lasse.
  • Weil ich auch im größten Frust keine Interna preisgebe.
  • Weil ich unabhängig bin und bleibe.

4. Was macht für dich einen guten Aufsichtsrats-Kandidaten aus?
Zunächst einmal muss er (oder „SIE“, das gilt für alle weiteren Sätze, denn warum sollte es nur ein „ER“ sein) etwas besitzen, was Schalke aktuell braucht.

Eine Kompetenz, die gerade fehlt, eine Fähigkeit, die sonst niemand hat.

Das können Fachkompetenzen aber auch „soziale“ Kompetenzen sein.

Dann muss er auf deutsch gesagt „einen Arsch in der Hose“ haben.

Machen wir uns nichts vor:
Wir haben einen Aufsichtsratsvorsitzenden, der ein milliardenschweres Unternehmen leitet und durch und durch ein „Alphatier“ ist. Das ist nicht abwertend zu verstehen. Aber um ein „Gremium“ zu verstärken, muss der Kandidat ZWEI Dinge können:

  • Kampfbereit für die eigene Meinung sein. Sich nicht einschüchtern lassen.
  • Kompromissbereit für den Verein sein. Nicht seine Meinung über alle anderen stellen.

Drittens muss der Kandidat den Kosmos Schalke verstehen und lieben. Oder in abgeschwächter Form: Er muss die Liebe der Mitglieder zu ihrem Verein verstehen und nachvollziehen können. Nur so lassen sich massive Fehleinschätzungen, wie im Fall vianogo, verhindern.

5. Wie beurteilst du die Arbeit des Aufsichtsrats in den letzten Jahren?
Es gibt hier zwei Aspekte, einen eher technischen und einen inhaltlichen.

Zum technischen möchte ich sagen, dass ich nicht glaube, dass man als Aufsichtsgremium eines Vereins unserer Größe mit vier(!) festgeschriebenen Sitzungen pro Jahr auskommen kann. Gerade im Fußball ist das Geschäft so schnelllebig, dass ich glaube:

Um wirklich AUFSICHTSrat zu sein, müssten sich die Herren mindestens alle 6-8 Wochen zusammenfinden.

Inhaltlich gab es einige Dinge, die aufzuarbeiten wären.

Kartenpreise, Sicherheitsdiskussion, etc.

Nicht nur vianogo!

Hierzu muss ich allerdings ganz klar sagen:
Sie haben gesagt, sie hätten verstanden, sie haben es auch in Windeseile so umgesetzt. Das hat mich positiv überrascht.

Gewünscht hätte ich mir, dass der Aufsichtsrat die Verantwortung für vianogo offen übernommen hätte, statt Alexander Jobst ins Feuer gehen zu lassen.

Auch in der Diskussion rund um den Polizeieinsatz beim Saloniki-Spiel glänzte der Aufsichtsrat durch (mediale) Abwesenheit. Wenn der Vorstand Rückendeckung braucht, von wem soll sie kommen, wenn nicht vom AR? Peter Peters diese Aufgabe allein wuppen zu lassen, war kein guter Stil.

Achja, der „Bulldozer“ fehlt mir, den Clemens letztes Jahr so bildreich angekündigt hat.
Sich ausschließlich für einen Teil der Fans (hier den SFCV) zu entscheiden, nimmt all denjenigen den Glauben an ein „Vereintes, Starkes Schalke“, die eben nicht Mitglied im SFCV sind. Ist das zielführend?

Was ich positiv finde ist, dass ich das Gefühl habe, dass ein Umdenken im Umgang mit „Querdenkern“ stattfindet.
Die Gespräche der letzten Wochen rund um die Satzungsänderungen waren wohltuend sachlich (Danke, Dr. Buchta und Peter Peters) und die Ergebnisse sprechen für einen vorsichtigen Neuanfang hin zu einer „Diskussion auf Augenhöhe“.

Positiv ist ebenfalls der sportliche Kurs „“Stichwort Knappenschmiede“.

Was ich noch nicht recht zu bewerten vermag ist der finanzielle Kurs.
Mit „Abbau von Verbindlichkeiten“, „Erhalt der sportlichen Konkurrenzfähigkeit“ und „Verminderung des negativen Eigenkapitals“ gibt es hier jedes Jahr ein neues Schlagwort.
Wie wäre es mit einem „Starkes Schalke“-Report zu den mittelfristigen finanziellen Zielen?
Einem, der auch mal eine Wahlperiode des Wahlausschusses überlebt?

6. Wie beurteilst du die mögliche Änderung der Anzahl an kooptierten Mitgliedern im Aufsichtsrat?
Hierzu drei Aspekte:

  • Erstens kann ich jeden Sponsor verstehen, der seine Interessen am Verein auch geltend machen möchte. Wer gibt, will auch mitbestimmen, wofür.
  • Zweitens muss sich Schalke ein Höchstmaß an Unabhängigkeit gegenüber den Sponsoren erhalten. Es kann nicht sein, dass Sponsoren über z.B. die Zulassung von Satzungsänderungen mitentscheiden.
  • Drittens gibt es mittlerweile Grundsätze (ja, das sind blöde englische Ausdrücke) von „compliance“ und „governance“.Strenge Verfechter dieser Grundsätze sagen, dass es noch nicht einmal erlaubt ist, Sponsoren in entscheidende Positionen eines Unternehmens zu holen. Nur mal als Beispiel:
Gazprom kann theoretisch mitbestimmen, ob EnBW auch Sponsor von Schalke werden darf. Oder ERGO entscheidet mit, ob wir mit der citibank einen Vertrag schließen.

Allein das ist schon fragwürdig.

Es darf allerdings meiner Meinung nach NIE dazu kommen, dass eine Entscheidung im Aufsichtsrat von mehr kooptierten/gesetzten als gewählten Mitgliedern zu Stande kommen kann.

7. Wie beurteilst du die Arbeit des Wahlausschuss in den letzten Jahren?
Eins vorab:
Ich würde niemals einem der anderen Mitglieder im Wahlausschuss unlautere Motive unterstellen. Wir haben zwar kontrovers aber immer vertrauensvoll zusammengearbeitet und alle Prozesse liefen immer genau nach den Regeln ab.

Dennoch bin ich persönlich unzufrieden, wenn wir, wie z.B.im letzten Jahr, der JHV als Kandidaten für zwei freie Plätze „nur“ zwei aktuelle Mitglieder und ein ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates präsentieren können. Das hat nichts mit der Qualität der Kandidaten selbst zu tun. Alle drei waren ja geeignet. Aber zwei aus drei:
Was für eine Wahl….

Was positiv hängen bleibt, ist, dass es jetzt eine Geschäftsordnung des Wahlausschusses gibt, die jedes Mitglied auf der Geschäftsstelle einsehen kann. So kann man zumindest nachlesen, wie die Entscheidungen zustandekommen.

Und ganz wichtig:
Interna sind intern geblieben. Das muss so sein, das muss so bleiben. Es geht hier um Menschen. Da wäre jede Indiskretion fatal.

8. Sollte man den Wahlausschuss reformieren? Wenn ja, wie?
Ja!

Wie soll der Geprächszirkel (siehe Frage 2) erarbeiten.

Ich habe ein Ziel, dass ich sofort angehen möchte:
Die Geschäftsordnung des Wahlausschusses würde ich dahingehend abändern, dass der Wahlausschuss nur dann weniger als vier Kandidaten durchlassen darf, wenn es tatsächlich weniger Bewerber gibt. Gibt es mehr Bewerber und trotzdem kommen weniger durch die Prüfung des Wahlausschusses, sollte der Wahlausschuss dazu ohne Nennung von Namen auf der JHV Stellung nehmen müssen.

Eine Stellungnahme sollte eigentlich grundsätzlich erfolgen. Aufsichtsrat, Vorstand und Ehrenrat legen alle auf jeder JHV einen Rechenschaftsbericht vor. Warum nicht auch der Wahlausschuss?

Ein weiteres Ziel bleibt für mich, den Kreis der AR-Kandidaten auch zahlenmäßig zu erweitern. Ich stelle mir mindestens vier und höchstens sieben für die zwei Plätze vor.

Was den Wahlausschuss selbst angeht, halte ich die Idee eines rollierenden Systems (wie im Aufsichtsrat) für gut.

Es darf allerdings keinesfalls sein, dass die Mitglieder des Wahlausschusses länger im Verein sein müssen, als die Aufsichtsratskandidaten, über die sie abstimmen.

Und zuletzt:
Von vornherein fest zugeordnete Sitze sollte es in KEINEM Gremium des FC Schalke 04 geben. Gerade nicht im Wahlausschuss.

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de