Schachtar Donezk hieß der Gegner in der Runde der letzten 32 in der diesjährigen Europa-League. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine fand das Spiel im westukrainischen Lemberg (Lwiw) unweit der polnischen Grenze statt. Austragungsort war die Arena Lwiw mit knapp 35.000 Plätzen, ein modernes, eher austauschbares Stadion, welches für die EM 2012 errichtet worden war. Der Tagesflieger sollte es sein, Flugkapitän Alex Meier (Fußballgott!) outete sich dabei selbst als Schalke-Fan und brachte den Flieger sicher auf ukrainischen Boden. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Tagesflieger mit Abstand die bequemste Variante für diese Tour war; Respekt an alle, die die 1400 km von GE nach Lemberg mit dem Bus oder anderen Fahrzeugen absolvierten.

In Lemberg angekommen brachten uns die Busse in die Innenstadt unweit des „Rynok“ (Marktplatz), wo sich auch der zentrale Treffpunkt der Nordkurve Gelsenkirchen befand. Vor Ort wurde das „Beer Theatre Pravda“ aufgesucht und war für die folgenden Stunden gemütlicher Zufluchtsort für alle Schalker. Schnell wurden noch einige Euro-Taler in die heimischen Schweinedollars (Hrywnja) umgetauscht. Dann wurden zügig Speisen und vor allem Getränke bestellt, wobei sich das Angebot von einer bekömmlichen, einheimischen Suppe (Żurek) über eine ordentliche Schweinerippchen-Portion bis hin zu wunderbaren Pfannkuchen erstreckte. Dazu wurden verschiedene Sorten Bier kredenzt, wobei ein Glas umgerechnet um die 70 bis 80 Cent kostete. So lässt es sich leben. Der Laden mit seinen drei Etagen war gut gefüllt, in der Mehrzahl von Schalkern, einige Ukrainer mischten sich auch unter die Gäste. Die Atmosphäre war entspannt, das ukrainische Bier mundete, insgesamt war es ein gelungenes Warmlaufen für den Abend.

Im Laufe des Abends wurde dann allmählich klar, dass die eigentlich vorgesehenen Shuttlebusse nicht wie geplant kommen würden und somit definitiv nicht für alle Schalker, die sich inzwischen am Treffpunkt vor dem Beer Theatre versammelt hatten, ausreichen würden. Aus diesem Grund wurde kurzerhand entschieden, dass es per Fußmarsch zum Stadion geht. Die Strecke betrug immerhin 8,6 km. Für einen spontanen Marsch gar nicht so übel. Um die Sache nicht zu verkomplizieren und den Weg auch sicher zu finden wurde der Einfachheit halber die Hauptstraße von den Schalkern per pedes eingenommen und somit der nachfolgende Lemberger Straßenverkehr auf Schrittgeschwindigkeit heruntergedrosselt. Irgendwann befand sich auch der Mannschaftsbus von Schachtar Donezk inklusive ganzer Mannschaft hinter den Schalker Fußgängern. Es gab kein Durchkommen, der Bus hing immer wieder hupend geschlagene 30 Minuten hinter uns fest. Bald gesellte sich auch ein Polizeiwagen dazu, welcher in regelmäßigen Abständen die Sirene aufheulen ließ, inklusive Echo der Spaziergänger, doch auch dies brachte kein Durchkommen. Ein weiteres Polizeiauto fuhr nach einiger Zeit dann an die Spitze des Marsches und fuhr mit eingeschaltetem Blaulicht im Schritttempo voran, alle paar Minuten gab es eine Durchsage auf ukrainisch, die keiner verstand. Kann man nichts machen. Insgesamt gestaltete sich der Marsch komplikationslos, die ukrainische Polizei war bis auf die genannten Wagen nicht präsent. In Deutschland oder auch in anderen Ländern quasi undenkbar.

Am Stadion angekommen ließ man die ausführliche Prozedur der Kontrollen am Eingang über sich ergehen. (Gespräch mit dem Ordner: „What is this?“ –„Key“ – „And this?“ – „Also Key“). Die ganze Gruppe kam aber rechtzeitig ins Stadion rein. Mit einem kleinen, aber sehr feinen Blocksturm, bei dem die Ordner nach 3 Sekunden aufgaben, erreichte man geschlossen den Gästeblock im Oberrang. Die Arena Lwiw war insgesamt ordentlich gefüllt, in der gegnerischen Kurve fand sich ein kleiner Haufen von wahrscheinlich „echten“ Donezk-Fans. Die heimische Stimmung wirkte teils skurril, teils etwas künstlich, es gab die La-Ola, dann hüpfte das ganze Stadion, wahrscheinlich um bei abendlicher Kälte durch körperliche Bewegung zumindest nicht ganz einzufrieren. Berücksichtigen muss man natürlich, dass letztendlich die Heimatstadt Donezk 1100 km entfernt liegt und es somit auch kein „echtes“ Heimspiel war. Im Gästeblock wurde 90 Minuten lang gesungen, wobei es sicherlich schon bessere Auswärtsauftritte gab. Optisches Highlight waren die Bengalos in der Mitte der zweiten Halbzeit, die den Block ordentlich einnebelten. Das Spiel endete aus meiner Stadionsicht leistungsgerecht unentschieden. Beide Mannschaften hatten allerdings einige Torchancen, so dass das 0:0 aus unserer Sicht aufgrund des fehlenden Auswärtstores schon ärgerlich war. Nach dem Spiel ging es für die Tagesflieger-Leute per Bus direkt zum Flughafen, die anderen hatten eine „etwas“ längere Rückreise vor sich.

Mein persönliches Fazit: Eine schöne und interessante Europapokal-Tour in den Osten Europas. Teile Lembergs erinnerten mich an Essen-Kray, andere Teile sahen tatsächlich noch baufälliger aus. Der spontane Marsch war entspannter als gedacht. Man merkte deutlich, dass die Ukrainer momentan andere Probleme haben als ein paar Jungs und Mädels aus Germany, die sich ein Fußballspiel ansehen wollen. Der Blocksturm war richtig schön klassisch wie „aus dem Lehrbuch“. Pyros waren auch dabei, alles wunderbar, tschüss Ukraine! Und das wichtigste: GE ist eine wunderschöne Stadt!

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de