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1. Bitte stellen Sie sich kurz vor!
Clemens Tönnies, 60 Jahre, Unternehmer aus Rheda-Wiedenbrück, Schalker, im Aufsichtsrat seit 1994.

2. Seit wann und wie regelmäßig besuchen Sie Spiele des FC Schalke 04? Seit wann sind Sie Vereinsmitglied und was hat Sie damals dazu bewogen?
Ich bin mit zehn Jahren zum ersten Mal mit meinem Vater auf Schalke gefahren, im Opel Rekord. Mein Vater hat abwechselnd meinen Bruder Bernd und mich mitgenommen. Es gab dann mal eine Phase, in der ich mich nicht um Fußball kümmern konnte, weil das Unternehmen Vorrang hatte. Ich habe Schalke natürlich verfolgt, bin aber nicht oft ins Stadion gefahren. Intensiv ging es erst wieder los, als mein Bruder 1993 Präsident wurde. Damals hat es mich richtig gepackt und nie wieder losgelassen.

3. Warum stellen Sie sich als Kandidat für den Aufsichtsrat des FC Schalke 04 zur Wahl?
Ich habe die Neuausrichtung des Vereins und damit den einzig richtigen und damals überlebens­wichtigen Weg zur Professionalisierung seit 1994 entscheidend mitbegleitet und so das neuzeitliche Schalke mitgeprägt. Wir haben Schalke zu einem verlässlichen Partner gemacht und als nachhaltigen Spitzenclub etabliert. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht weiteren Herausforderungen stellen müssten: Das Wettbewerbsumfeld in der Branche verändert sich, unsere Konkurrenten sind AGs, KGaAs oder von großen Unternehmen subventioniert. Ich will weiter daran arbeiten und vorantreiben, dass wir als eingetragener Verein ein Spitzenclub bleiben.

Ein Aspekt unseres Leitbilds besagt: „Jeder von uns gibt sein Bestes für den Verein, egal ob Spieler, Mitarbeiter, Mitglied oder Fan“. Ich will und werde weiterhin mein Bestes für Schalke geben – manchmal laut, manchmal energisch, manchmal vielleicht zu wenig diplomatisch – aber immer mit viel Leidenschaft, Herzblut und Power für unseren Verein.

4. Was qualifiziert Sie persönlich für die Arbeit im Aufsichtsrat? Warum sollten die Mitglieder ihre Stimme für Sie abgeben?
Wir haben unsere Strategie festgelegt und inzwischen trägt der Kurs der finanziellen Konsolidierung bei weiterhin sportlichem Erfolg Früchte. In den letzten fünf Jahren haben wir nicht nur die Finanzverbindlichkeiten um gewaltige 100 Mio. Euro gesenkt, sondern gleichzeitig erhebliche Werte geschaffen: Das Wirtschaftsmagazin Forbes taxiert den Wert unseres Vereins auf 580 Millionen Euro! Mit den Bauarbeiten auf dem Berger Feld entsteht auf unserem Vereinsgelände etwas ganz Besonderes: Geschäftsstelle, Trainingsgelände, die Arena und das neue Parkstadion, das zukünftige Regionalligastadion für unseren Klasse-Nachwuchs – unser gesamtes Vereinsleben an einem Platz. Eine gesunde Struktur schaffen, den Verein weiterhin mit Augenmaß konsolidieren und als einziger e.V. national und international weiter oben mitspielen – diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen.

Zum sportlichen Aspekt: Seit ich im Aufsichtsrat bin, gab es den UEFA-Pokal-Sieg 1997, dreimal haben wir den DFB-Pokal gewonnen, einmal den Supercup, waren Ligapokalsieger. Dazu wurden wir viermal Vizemeister. In den vergangen 16 Jahren haben wir 15 Mal international gespielt. Mit Christian Heidel haben wir uns kürzlich im Aufsichtsrat mit großer Mehrheit für eine sportliche Neuausrichtung entschieden. Ich freue mich auf die Zukunft, weil ich glaube, dass wir gemeinsam – Aufsichtsrat, Vorstand und Mitarbeiter mit den Mitgliedern und Fans – etwas Großes aufbauen können.

Ich bin davon überzeugt, dass meine unternehmerischen Fähigkeiten und Erfahrungen für den Verein hilfreich sind. Ich freue mich, dass ich mit meinen zahlreichen nationalen und internationalen wirtschaftlichen und persönlichen Kontakten Schalke helfen konnte und will natürlich gerne weiter helfen, wenn es um Verbindungen zu möglichen Sponsoren und anderen Unternehmen geht, die für den Verein interessant sein könnten.

Ich erwarte von jedem, selbstverständlich auch von mir selber, dass er sich Kritik stellt, sei es Kritik an seiner Person, seinen Aufgaben, seiner Intention oder seiner Leistung. Wenn ich ein Gespräch zusage oder ankündige, mich einer Diskussion zu stellen, dann halte ich mein Wort. Verlässlichkeit ist für mich eine Frage des Charakters.

5. Wie soll sich der FC Schalke 04 im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich in den kommenden Jahren aufstellen? Sind hierfür noch Veränderungen notwendig, wenn ja welche?
Für die sportliche Neuausrichtung haben wir mit Christian Heidel einen ausgewiesenen Experten. Wir wollen Schalke in den obere Rängen der Liga halten und uns dort nachhaltig etablieren. Das Ziel muss Konstanz sein. Die Basis dafür ist eine gesunde Finanzstruktur, da sind wir auf einem sehr guten Weg. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, werden wir den Anforderungen der Zukunft gewachsen sein.

6. Sind sie mit der bisherigen Arbeit des Aufsichtsrates zufrieden? Wo sehen sie Verbesserungspotential?
Ich erwarte von jedem, dass er sagt, was er denkt. Dabei kann man laut werden und engagiert, dabei wird nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Das Recht darf sich jeder heraus nehmen, weil daraus die Leidenschaft für Schalke spricht. Genau diese Leidenschaft erwarte ich auch bei jedem Mitglied des Gremiums als Leitplanke, als Gradmesser für die alles entscheidende Frage: Was ist das Beste für den Verein? Es müssen nicht alle einer Meinung sein, aber wir müssen alles dafür tun, um den besten Weg zu ringen und ihn dann gemeinsam zu vertreten.

Ich will nicht verhehlen, dass mich die Entwicklung des letzten Jahres sehr besorgt macht. Wir beschäftigen uns viel zu sehr mit uns selbst, einige ziehen sich an Satzungs- und Geschäftsordnungs­fragen hoch, abenteuerliche Behauptungen, die aus dem Gremium heraus erhoben wurden, um mir zu schaden, haben mich tief getroffen. Versuche, mehr Gemeinsamkeit und ein besseres Miteinander zu erreichen, waren bislang leider nicht erfolgreich. Ich bin sicher schon durch mein Berufsleben einiges gewohnt und auch nicht zimperlich: Aber es sind Dinge geschehen, die ich unter Schalker Freunden nicht für möglich gehalten habe. Das dürfen wir nicht hinnehmen, weil ein solches Klima Schalke schadet, weil wir uns nicht genug mit der Zukunft beschäftigen. Wenn wir in den letzten Wochen in manchen Medien mal wieder als Chaos-Club abgestempelt wurden, dann tut das weh. Und es trifft uns alle – den Verein, die Mitarbeiter, die Gremien, die Mitglieder, die Fans, alle, die den Verein leben. Ich werde alles dafür tun, das wieder zu ändern. Es muss um Schalke gehen! Und um nichts anderes.

7. Wie stehen Sie zu der „50+1-Regelung“? Wie beurteilen Sie die Rechtsform des eingetragenen Vereines im Profifußball insbesondere in Bezug auf eine mögliche Ausgliederung der Profiabteilung des FC Schalke?
Der eingetragene Verein ist inzwischen in der Bundesliga fast schon unser Alleinstellungsmerkmal! Will hier irgendeiner ernsthaft einen Scheich oder einen Großinvestor auf Schalke? Die das Sagen haben, weil sie uns, den Kumpel- und Malocherclub, als reines Investment sehen, als Kaufobjekt, als Spielzeug, als Finanzidee? Die nichts von unserer Tradition verstehen und denen sie auch ziemlich egal ist? Ich will das auf gar keinen Fall! Ich will den eingetragenen Verein mit dem obersten Ziel, Herr im eigenen Haus zu bleiben. Als einzigem der wenigen verbliebenen eingetragenen Vereine ist es Schalke gelungen, sich nachhaltig unter den Topvereinen Europas zu etablieren, im UEFA-Ranking liegen wir auf Platz 13 und damit noch vor dem FC Sevilla oder Manchester United. Wir sind ein eingetragener Verein und wir bleiben es auch. Deshalb beschäftige ich mich gar nicht erst mit anderen Rechtsformen.

8. Wie stehen Sie zu der voranschreitenden Spieltagszerstückelung seitens der DFL? Sollte der FC Schalke 04, als zweitgrößter Verein Deutschlands, Ihrer Meinung nach versuchen, sich stärker in der DFL für die Interessen seiner Fans einzusetzen?
Wir haben uns schon immer für die Rechte unserer Fans eingesetzt. Manche Dinge erscheinen vielen als selbstverständlich, aber das sind sie nicht: Stehplätze in den Stadien. Überwiegend öffentliche Trainingseinheiten, 10 Prozent der Eintrittskarten als Gästekontingent. Kartenpreise, die unverändert allen Schichten unserer Gesellschaft den Weg ins Stadion ermöglichen. Englische Fußballfans schauen neidisch auf einen Klub wie Schalke. Nicht jedem muss der Montagstermin gefallen – aber auch nicht jedem würde es gefallen, wenn die Bundesliga wirtschaftlich nicht nur hinter England, sondern auch hinter andere europäische Topligen zurückfallen würde. Und wenn wir Kartenpreise wie in England hätten. Mit dem neuen Fernsehvertrag ab 2017 hat die DFL das verhindert. Mehr Geld erlöst man jedoch nur, wenn man Kompromisse eingeht. Es handelt sich auch nur um fünf Spiele ab der Saison 2017/2018.

9. Die Kommerzialisierung des Fußballs schreitet immer weiter voran. Wo sehen Sie mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit und die soziale Verantwortung unseres Vereins die Grenzen?
Da, wo wir die Identität unseres Vereins aufgeben müssten, die Werte, für die unser FC Schalke 04 steht. Das werden wir niemals tun. Es gibt aufgrund unserer sozialen Verantwortung ein Limit bei Eintrittspreisen. Und natürlich liegt eine unverrückbare Grenze in der Rechtsform des eingetragenen Vereins – ich wundere mich, dass dieses Thema immer wieder hochgekocht wird und stelle hier zum letzten Mal unmissverständlich klar: Mit mir wird es keine Ausgliederung geben! Schalke bleibt ein eingetragener Verein.

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de