Ruhrpott. Derby. Alle schon tagelang vorher heiß wie Frittenfett, und das nicht nur aufgrund der traditionellen Lokalrivalität zwischen Schalke und Lüdenscheid-Nord. Nein, die letzten beiden (siegreichen!) Derbies haben zusätzlich noch tiefe Spuren hinterlassen: Auf dem Weg Richtung Wellblechhütte wurden zahlreiche Schalker wegen „konspirativer Anreise“ festgesetzt und auch wenn sich der Wirt der angeblich von Schalkern zerlegten Gaststätte in der Flora sehr wunderte und auf den Videobändern vornehmlich prügelnde Schwatzgelbe zu sehen sind: Es hagelte großzügig Stadionverbote für – Schalker.  Beim Rückspiel auf Schalke wurde den „Gästen“ dann buchstäblich der rote Teppich ausgerollt, die Schalker wurden auf ihrem eigenen Gelände zusammengetrieben, während die Schwachgelben mit provozierenden Fahnen und  jeder Menge Pyrotechnik aufwarteten. Wenn es danach Stadionverbote gab, wurden diese jedenfalls nicht öffentlich kommuniziert – und auch beim zwischenzeitlichen Intermezzo am Doofmunder Flughafen konnte die Polizei eigenartigerweise die Personalien der angegriffenen Schalker, nicht aber die der Angreifer feststellen…

Wenn man diese Ausgangslage betrachtet, sie noch mit ein wenig Schalker Polizeifrust nach dem Pfefferblocksturm im CL-Quali-Spiel gegen Saloniki mit anschließender beleidigter-Leberwurst-Taktik des Innenministers und zahlreichen Hinwiesen in den Fanforen auf eine großangelegte Feuerwerksaktion von einigen Lüdenscheider Gruppierungen würzt, hätten Polizei und Ordnungsdienst heute auf dem Posten sein müssen… Hätten.

Aber obwohl wieder einmal der Polizeihubschrauber über Gelsenkirchen seine Runden zog und Parkplätze und Anreisewege für die ungebetenen Gäste reserviert waren und gefühlt hinter jedem Busch ein Grüner stand: Als es nötig gewesen wäre und einige Vollidioten im Dortmunder Block brennende Leuchtmunition in die anliegenden Blöcke, darunter auch den Schalker Familienblock, schossen, war nichts von ihnen zu sehen. Erst als der Rauch sich verzogen hatte, riegelten sie den Block ab. Dem Arena-Flurfunk zufolge erfolgte dies übrigens, da sich wohl einige massiv provozierte Schalker auf den Weg Richtung Gästeblock gemacht hatten.

Provokation…? War da nicht was? Nein, ich muss mich irren. Es kann doch in einem Rechtsstaat nicht angehen, dass auf der einen Seite eine legale Fahne zu einem massiven Blocksturm führt und auf der anderen Seite Kinder mit Leuchtmunition beschossen und Trennscheiben mutwillig zerstört werden und sich keiner zum Einschreiten bequemt… Oder doch? Oder sollte dies gar noch eine Retourkutsche sein, um zu zeigen, was passiert, wenn Jäger seine rechtswidrige Drohung „keine Polizei im Stadion“ wahr machen würde?

Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe nichts gegen Pyrotechnik, im Gegenteil, vernünftig angewendet sieht das immer wieder geil aus. Aber ich habe sehr viel dagegen, dass dabei Unbeteiligte mit hinein gezogen werden!

Und wenn sich diese Idioten nicht an den Ehrenkodex gebunden fühlen, Pyrotechnik im Block zu lassen, sollten bitte auch die anderen vernünftigen Fußballfans überlegen, inwieweit man sich diesen Feiglingen gegenüber an den Ehrenkodex des „nicht Verpfeifens“ halten muss. Ich kann ja durchaus nachvollziehen, dass man sich gerade in diesen Zeiten schwer tut, Mitstreiter bei der Polizei anzuzeigen, aber diese Figuren schaden wirklich ALLEN Fußballfans, den völlig Unbeteiligten ebenso wie der vernünftigen aktiven Szene, die sich nach solchen Aktionen das kontrollierte Abbrennen ebenso abschminken kann wie die zuletzt aufkeimende Erkenntnis einiger seriöser Medien, dass in der Auseinandersetzung zwischen Staatsmacht und Fußballfans eben nicht immer die schwarzen Schafe nur in den Reihen der Fans zu suchen sind!

Die Geschehnisse von heute müssen aufgearbeitet werden, wobei ich in erster Linie auf die Selbstreinigungskräfte der Dortmunder Szene hoffe. Ich hoffe aber genauso, dass die Polizei mal nicht auf dem schwarzgelben Auge blind ist und die Stadionverbote nicht wieder nur Schalker betreffen. Und dass man noch einmal den kleinen „Crashkurs Verhältnismäßigkeit“ besucht.

Und dass es beim nächsten Heimderby nicht wieder heißt „alle Rechte den Gästen“ – bei der Anreise, der Durchsuchung (!) wie auf den Rängen und leider auch auf dem Rasen.

Wütende blau-weiße Grüsse

Susanne Blondundblau